7.Mai 2018, Philip Loskant im Interview mit Lurent Luks vom Verband Kreativwirtschaft

Herr Loskant, die Digitalisierung erhöht in einer globalisierten Wirtschaft die Anreize, die Produktion ins Ausland zu verlagern. Weshalb wiederstehen Sie diesen Anreizen und bleiben mit Ihrem Unternehmen in der Schweiz?

 

Der Architekturbereich ist nach wie vor stark vom Know-how über lokale baurechtliche Vorgaben, bautechnische Normen und kulturelle Gepflogenheiten abhängig. Dieses Wissen ist vor allem bei hier ansässigen Unternehmen vorhanden. Ausländische Anbieter verfügen vielleicht über die selbe oder gar ausgeklügeltere IT Lösungen und günstigere Stundensätze, aber es fehlt das nötige Know-how. Zudem scheint es mir eine Frage der Haltung zu sein, Dienstleistungen nicht einfach nach den Prinzipien der Gewinnmaximierung ins Ausland zu vergeben. Wir leben in der Schweiz und profitieren von ihrer Wortschöpfung – und sollten dieser ergo nicht das Wasser abgraben indem Aufträge ins Ausland vergeben werden.

 

Ein wichtiges Thema vor dem Hintergrund der Globalisierung ist der Umgang mit geistigem Eigentum. Produkte und Dienstleistungen von Kroatisch enden sind heute überall auf der Welt rasch kopiert und reproduziert. Und zwar so, dass sich dieser Vorgang jeglicher persönlichen Kontrolle entzieht. Wie schützen Sie persönlich Ihr geistiges Eigentum?

 

Da es in der Architektur nach wie vor darum geht, an spezifischen Orten einmalige Bauten zu erstellen, und nicht kopierbare Massenprodukte, haben wir das Problem weniger. Zudem gilt in der Architektur ein ungeschriebener Codex des, man wurde heute sagen, «Sharing» von Ideen: Bereits Le Corbusier proklamierte seine fünf Punkte der Architektur als Designleitlinie einer neuen Architektur und wollte, dass es ihm alle gleichmachen. Kopiert zu werden, bedeutet in unseren Kreisen, etwas gut gemacht zu haben. Architektonische Ideen patentieren zu lassen ist praktisch kein Thema, und dort wo es Kollegen doch versuchen, schaut die Szene mit Skepsis drauf.

 

«Arbeit» wie wir sie bisher kennen, verändert sich rasant. Die Digitalisierung eröffnet eine Vielzahl neuer Arbeitsmodelle. Arbeit wird mobiler, und je länger je mehr Orts und zeitunabhängiger. Sind Sie mit Ihrer Unternehmung von dieser Entwicklung stark betroffen? Und welche Auswirkungen hat dieser Prozess auf Ihre Arbeit?

 

Der Alltag teilt sich nicht mehr in so sehr in «Bürozeit», «Auswärtstermine» und «Freizeit» auf, da wir ständig via Email die Post erledigen, Gedanken am Telefon, Facetime oder Skype mit Kollegen austauschen, Materialrecherchen unterwegs am Smartphone gemacht werden können und so weiter. Dennoch gilt: Gute Arbeit braucht Ruhe, Zeit und das Zusammensitzen von Leuten mit Skizzenpapier. Das Büro ist daher nach wie vor der zentrale Ort der Produktion. Eine gute räumliche, soziale und funktionale Büroatmosphäre ist da das A und O – und auch mal das Smartphone oder den Computer auszuschalten um seriös mit Kopf und Hand zu arbeiten.

 

Sind Sie stark in der Kreativszene vernetzt? Wie wichtig ist Ihnen die Vernetzung in der Branche überhaupt? Profitieren Sie unternehmerisch davon? Und würden Sie eine verstärkte Vernetzung befürworten und sich dafür aktiv beteiligen?

 

Die Vernetzung im «Architektenkuchen» der jeweiligen Region ist essentiell und wurzelt meistens bereits in den Freundschaften und Kontakten die man an der Hochschule knüpft. Hier sind die intensivsten Kontakte zwischen den Architekten und den Architekturvermittlern, Journalisten, Institutionsleitern, Dozenten an Hochschulen zu finden – das ist praktisch «ein Kuchen». Ein intensiver Austausch erfolgt auch mit allen anderen Beteiligten des Baugewerbes, die allerdings nicht in der Kreativszene anzusiedeln sind. Mit anderen «Kreativen», wie Grafikern und Webdesignern, haben wir natürlich immer wieder beruflich zu tun, oder auch privat. Ich wurde aber sagen, dass neue Trends und Themen in den verschiedenen Bereichen kaum auf den anderen Bereich überschwappen und hier der Austausch deutlich geringer ist als unter den Architekten selbst.

 

Fühlten Sie sich nach Ausbildungsende für den Markteintritt gewappnet? Und waren Sie es?

 

Nein, aber das ist aus meiner Sicht auch eine falsche Forderung des «Marktes». In der Ausbildung geht es um Grundlagen und darum, Denken zu lernen. Alle zum Bestehen im Büroalltag nötigen Fähigkeiten können da nicht vermittelt werden, dies muss auch Aufgabe der Unternehmen sein. Aus meiner Sicht sind die Schweizer Hochschulen auf einem sehr hohen Niveau, was die Einsetzbarkeit von Einsteigern angeht. Jedes Büro funktioniert zudem etwas anders. Man sollte es daher auch als Chance begreifen, dass die Einsteiger nicht «fertig» von der Hochschule kommen, sondern noch geformt werden können.

 

Wie sind Sie zu Kapital gekommen, um Ihre Projektideen umzusetzen?

 

Da braucht es, wie bereits zur Finanzierung des Studiums, in der Regel die Unterstützung der Familie. «Venture Capital» ist für den Aufbau eines Architekturbüros praktisch nicht zu finden. Wir bauen unser Unternehmen ja meisten nicht auf einer Unternehmens- oder Produktidee auf, sondern auf den Glauben an unsere Fähigkeit. Und wer sollte da anfänglich mit daran glauben ausser die Familie.

 

Viele «Kreative» verlassen die Schweiz. Im Ausland finden sie bessere Rahmenbedingungen für ihr Wirken. Weshalb bleiben Sie hier?

 

Das stimmt aus meiner Sicht nur teils – viele bleiben auch hier. Und zwar, weil nirgends, wo die Löhne in der Kreativwirtschaft so hoch sind, die Arbeitszeiten so human, das gesellschaftliche Ansehen der Branche so gut und die Infrastruktur so perfekt sind. An was es uns in der Schweiz etwas mangelt ist, das tatsächlich offene Denken ohne Tabus. Die wirklich neuen Ideen entstehen daher häufig an anderen Orten wie New York, London oder Berlin. Wer das sucht und dafür bereit ist die dortigen Arbeitsbedingungen zu akzeptieren, ist dort sicher besser aufgehoben. In der Architektur basiert zudem vieles auf seriöser Weiterentwicklung und weniger «Innovation». Und da sind wir in der Schweiz spitze – deshalb bleibe ich hier.

 

Sind Sie der Ansicht, sie finden hierzulande Rahmenbedingungen vor, die für Ihre unternehmerische Leistung förderlich sind? Wenn ja, welche sind das (Stichwort: Mobilität, Vernetzung, Standort, Finanzierungsmöglichkeiten, Kooperationsmöglichkeiten, kulturelles Angebot etc.)

 

Alle genannten Rahmenbedingungen stimmen und sind unserem Tun sehr förderlich. Was zunehmend ein Problem wird, ist das hohe Preisniveau im Land und die rechtliche Übernormierung. Wir wollen überall «top» sein, Sicherheit in allen Belangen garantieren und zugleich das Weltklima retten. Das kostet und schränkt zudem den kreativen Spielraum ein. Hier mussten die Rahmenbedingungen von Gesetzgebern und Fachverbänden aus meiner Sicht langfristig wieder dereguliert werden, sonst graben wir uns selbst das Wasser ab.

 

Wir danken Ihnen für das Gespräch.