In der von Katrin Weilenmann und Nicolas Kerksieck co-kuratierten Gruppenausstellungs stellt Philip Loskant verschiedene Arbeiten unter dem Titel "Archeologie der Zukunft" in Zusammenhang.

 

Archeologie der Zukunft

Gesellschaftliche Zukunftsszenarien entstehen aus Erzählungen der Vergangenheit, die durch den Blick der Gegenwart in die Zukunft projiziert werden. Unsere Zeit macht besonders deutlich, dass Vorstellungen von Realität vielfältig und oft widersprüchlich sind. Dennoch werden bestimmte Zukunftsbilder häufig als alternativlos dargestellt und für partikulare Interessen instrumentalisiert. Dabei spielt Angst eine zentrale Rolle: Sie dient als Motor manipulativer, scheinbar kollektiver Zukunftsvisionen.

In seiner neuen installativen Arbeit – bestehend aus Modellskulpturen, Diagrammen und KI-generierten Bildern – verfolgt Philip Loskant eine gegenteilige Strategie. Er lenkt unseren Blick auf mögliche Zukünfte und versteht diesen bewusst als positiv und lustvoll. Der titelgebende Begriff «Archeologie» ist dabei eine Schöpfung aus zwei Gedanken. Einerseits soll er einen angstfreien Blick in die Zukunft ermöglichen, als wäre sie schon geschehen – ähnlich wie bei unserer Faszination für archäologische Spekulationen. Andrerseits spielt «Arche» auf die Erzählung von Noahs Arche an, die hier jedoch in die Zukunft projiziert wird. Wie könnten «Arche-tekturen» aussehen, die nicht nur einer einzelnen Sichtweise das Überleben sichern, sondern durch ihre Vielfalt ganz unterschiedlichen Lebensgemeinschaften Raum gäben? So entstehen Vorstellungen koexistierender Zukünfte, die nicht von einer einzigen Weltanschauung dominiert werden, sondern Räume für verschiedenste Lebenskonzepte bieten.

 

 

«Spekulationen», Printgrafiken, 20x25, 30x40, 30x120 cm, 2025

Drei grafische Arbeiten bilden den theoretischen Hintergrund der «Archeologie»: Um Zukünfte zu entwerfen, sollte man in die Vergangenheit schauen. Die Grafik «Kausalitäten» versucht, das Zusammenwirken verschiedener Aspekte der Kulturevolution und die daraus entstandenen Gesellschaftsmodelle in Zusammehang zu bringen - und in die Zukunft zu projezieren. «Gesellschaftscharaktäre» visualisiert, gleich einem Psychogramm, mögliche Charaktereigenschaften verschiedener künftiger Gesellschaftstypen. «Territorien» stellt eine Spekulation über eine geopolitisch pluralistische Ordnung in kleineren z.T. nicht staatlich organisierten Territorien vor.

 

 

«Capriccios», generative KI-Bildserie, 20 x 20 cm, 2023

Variantenbildung, Mutation und Selektion sind, ähnlich anderer evolutionärer Prozesse, Werkzeuge dieser Arbeit. "Capriccio", auf Deutsch "lustvoller Regelverstoß", bezieht sich dabei auf die unkonventinelle Rekombiniation historischer architektonischer Elemente – gleich "Mutationen" in der Evolution.

 

«Waldhaus», Karton, Holz, Draht, 52 x 100 x 30 cm, 2025

Im Waldhaus leben und arbeiten gut dreissig Menschen in einer kooperativen Gruppe in einem gemeinsam errichteten Bau. Das Herstellen von Produkten aus Holz ist wirtschaftliche Grundlage für den Tausch anderer Produkte mit anderen Gruppen. Die Ernährung wird über Dachgärten möglichst autark. Das Leben vollzieht sich im Wechsel der Jahreszeiten mit dem Wald: im Sommer spendet dieser Schatten, Im Winter lässt das fehlende Blätterwerk Licht und Wärme in grosse kollektive Wintergärten fallen.

 

 

 

«Villagers», Ton, Gips, Holz, 52 x 52 x 25 cm, 2025

In dieser Idee für eine dörfliche "Arche" sind alle Menschen sozial und wirtschaftlich gleich gestellt. Gewohnt wird in einfachen, nicht sehr hohen Lehmhäusern, die die Bewohner einfach selber nach einem altbewärten, ähnlichen Typus reproduzieren. Materielles Eigentum und Repräsentation sind Vergangenheit. Das gemeinsame Leben Werte ist kollektiver und individueller Glücksmotor.

 

 

 

 

 

 

«Sakralkörper #2», Modellbau Collage, 40 x 60 x 100 cm, 2014 

Der bereits 2014 entstandene «Sakralkörper» vermischt die Ästhetik traditioneller Sakralbauten mit der Faszination für dynmische Zukunftsmaschinen. In dieser "Arche" spielen mythisches Denken und das Vertrauen in die Kräfte des Kosmos eine zentrale Rolle.

 

«Kranich», Modellbau Collage, 35 x 35 x 25 cm, 2024

Obgleich viele Zukunftsvisionen das Verlassen unseres Planeten als "einzigen Ausweg um zu überleben" darstellen, scheint dieser zugleich der absurdeste. In Anbetracht der Grösse des Alls und zu transportierender Menschenmengen bleibt jedes "Raumgefährt" ein Witz.